Praxisgruppe „Klassismus und Trans*Inter*Nicht-Binär“
Zusammen organisieren Frede Macioszek und Gregöre Hamann eine Praxisgruppe von & für Menschen mit trans*inter*nicht-binären (kurz: TIN) Identitäten, die auch Klassismus erfahren (haben). Über einen längeren Zeitraum sprechen wir regelmäßig in einem sicheren und mutigen Rahmen über unsere Erfahrungen im Alltag und in unserer Vergangenheit, die Intersektionalität von Diskriminierungen und damit einhergehenden Gefühlen, und stärken uns gegenseitig.
Not all trans women are created equal. More and more, I come to realise how much poverty and precarity define my life experience. Being poor and trans, I do not live in the same world as people who are rich and trans. We do not have the same hopes, dreams or expectations from life. We certainly don’t experience the same risks.
– Kes Otter Lieffe, My gender is precarity
(Übersetzung: Nicht alle trans-Frauen sind gleich. Mehr und mehr realisiere ich wie stark Armut und Prekarität sich auf meine Lebenserfahrung auswirken. Als Person, die arm und trans ist, lebe ich nicht in derselben Welt wie Personen, die reich und trans sind. Wir haben nicht dieselben Hoffnungen, Erwartungen oder Träume vom Leben. Und wir sind ganz sicher nicht denselben Risiken ausgesetzt.)
Aber ganz langsam: Klassismus bezeichnet Vorurteile und Diskriminierung aufgrund der sozio-ökonomischen Herkunft und/oder der aktuellen Position und richtet sich z.B. gegen Personen, die ein niedriges Einkommen haben, erwerbslos und/oder wohnungslos sind, nicht ohne (ökonomische) Unterstützung studieren können/konnten, nicht oder sehr erschwert studieren können weil sie einen Hauptschul- oder Realschulabschluss haben oder ihnen Selbstsicherheit fehlt.
Zusammen mit den Teilnehmenden wollen wir mutige und sichere Gesprächsräume schaffen, um ehrlich über die eigenen Erfahrungen reden zu können. Wichtig ist uns die Frage, wo sich unser Erleben und unsere Erinnerungen aufgrund unserer Klassen-Position/-Herkunft und unserer trans*inter*nicht-binären Identitäten überschneiden, verstärken oder verändern. Welche Gefühle haben wir dabei und welchen Umgang? Und welchen Umgang wünschen wir uns und wie können wir gemeinschaftlich dahin kommen?
Durch die Praxisgruppe wollen wir uns vernetzen und gemeinsam empowern. Zum Beispiel durch den Austausch über die Rolle von unterschiedlichen ökonomischen, sozialen und kulturellen Ressourcen bei der Transition oder klassistischen Zugangsbeschränkungen und -hindernissen im medizinischen System. Wir wollen nach Innen und Außen sichtbarer werden und unsere eigenen Stimmen weiter entwickeln. Und schließlich Sensibilität und Verbündetenschaft stärken, einmal in feministischen/queeren/TIN communities für Klassismus und dann in Arbeiter*innen- und Armutsklassen für feministische/queere/TIN-Erfahrungen und Themen.
Die genauen Themen für den Austausch werden von uns gemeinsam festgelegt und können ganz unterschiedlich sein, zum Beispiel:
- Alt-Werden, mit und ohne queere communities, mit und ohne Erwartung eines Erbes,
- körperliche und psychische Gesundheit/Krankheit und Klasse,
- (klassenübergreifende) Beziehungen und Begehren,
- (verlorener) Kontakt zur Herkunftsfamilie und Bedeutung von queeren Wahlfamilien,
- Gefühle wie Wut, Trauer, Scham und wie damit in Handlungsfähigkeit kommen?,
- Klassismus und Sexualität,
- Umgang mit Geld und Sparen, auch vor dem Hintergrund von Transition,
- Klassismus und Sexarbeit,
- Was wünschen wir uns von feministischen/queeren/TIN-communities im Bezug auf unseren Klassenhintergrund/-position?
Eine aktuelle Praxisgruppe ist bereits gestartet und voll. Wir überlegen aber im Moment eine weitere Praxisgruppe anzubieten, die im Mai 2022 starten könnte. Bei Interesse oder allgemeinen Fragen schreibt uns gerne an kontakt@gregoere-begleitung.de
Und zum Schluß noch kurz etwas zu uns:
Frede (ohne Pronomen/Frede): weiß und post-ost Spätaussiedler*innenhintergrund,trans* nicht-binär, endo, christlich (sozialisiert), Klassenübergänger*in und in erster Generation studiert. Podcast-Lieblinge PostOstPride und Somewhere Over The Hay Bale, ich koche und lache gerne.
Gregöre (Pronomen sier/Gregöre): Ich bin weiß und nicht-binär transfeminin. Ich habe einen ostdeutsche Armuts-Klassenhintergrund mit Uni-Bildungsabschluß, bin able-bodied und mache keine Antisemitismuserfahrungen. Ich tanze für mein Leben gern, baue Gemüse im Kleingarten an, koche und backe gern, feiere Podcasts wie „Auf eine Tüte“, „Irresistible“, „Their Story Their Art“ oder „Rice and Shine“.
Wir verstehen uns beide als trans* und haben deswegen Wissenslücken mindestens was die Sensibilität und Geschütztheit von Räumen für inter* angeht und wünschen uns gemeinsam einen Raum zu schaffen, der sich für uns alle als TIN möglichst safe und brave anfühlen kann. Wir freuen uns inter* Personen teilnehmen und wir uns über geteilte Klassismuserfahrungen verbünden können.